Freitag, 27. Mai 2011

Heute vor 67 Jahren: Uraufführung von Sartres »Huis Clos (Bei geschlossenen Türen)«

Im Pariser Théâtre du Vieux-Colombier hatte das Drama "Geschlossene Gesellschaft" von Jean-Paul Sartre Premiere. Schauplatz ist der Salon eines fünftrangigen Hotels, verwohnt, ohne Fenster und Tageslicht. Es wird schnell deutlich, dass dies der Ort der Verdammten ist. Die Verstorbenen machen sich ihr totes Leben gegenseitig zur Qual. Drei Personen sind in eine klaustrophobische Zimmerhölle gesperrt: ein Deserteur, eine Lesbe und eine schwindsüchtige Kindsmörderin. Gegenseitig berauben sie sich aller ihrer Illusionen, denn "Die Hölle, das sind die anderen". Der Einakter wurde in den 1950er Jahren zum Schlüsselstück des Existenzialismus.

deutsche Erstaufführung: Hamburg, April 1949, Kammerspiele (unter dem Titel "Geschlossene Gesellschaft")

Im dritten Teil von L'être et le néant (Das Sein und das Nichts) deutet Sartre die Tatsache, daß der Mensch bei dem Versuch, den Spielraum seiner Möglichkeiten abzuschreiten, am Freiheitsanspruch des andern seine Grenze findet, als negative existentielle Erfahrung, die es dem einzelnen nicht gestatte, das Dasein des Mitmenschen anders denn als tödliche Bedrohung der eigenen Selbstverwirklichung zu verstehen. Folgerichtig vollzieht sich daher das aus der philosophischen Theorie entwickelte dramatische Geschehen an einem Ort, der keine Möglichkeit zu freiheitlichem Handeln bietet und den Sartre in Anlehung an die christliche Jenseitsvorstellung Hölle nennt.

Drei Personen, ein Mann und zwei Frauen, werden in den im Empire-Stil eingerichteten Salon eines schäbigen Hotels geführt, den Ort ihrer Verdammnis, an dem sie, selbst für alle Ewigkeit in ihrem Sein festgelegt, wechselseitig die nach Sartre existenznotwendige und zugleich unmögliche Beherrschung des andern anstreben und in auswegloser Situation die Erfahrung durchleiden, heillos einander ausgeliefert zu sein. Die lesbisch veranlagte Ines sucht die kokette Estelle an sich zu fesseln, die mit weiblicher Verführungskunst nur danach trachtet, den Mann für sich zu gewinnen. Garcin, bei Ausbruch des Kriegs auf der Flucht erschossen, drängt die unbestechlich kluge Ines in die Rolle der Richterin, in der vergeblichen Hoffnung, von dem quälenden Selbstvorwurf der Feigheit freigesprochen zu werden. Ebenso wie Estelle, die Kindsmörderin, die eine rührende Lebensgeschichte erfindet, muß er indessen erkennen, daß die Aufhebung der Selbsttäuschung und der Unaufrichtigkeit den andern gegenüber - Unwahrhaftigkeit (mauvaise foi) entspringt nach Sartre der menschlichen Freiheit - ein wesentlicher Faktor der Verdammnis ist. So schließt sich der Teufelskreis, in dem jeder zum Peiniger und zum Gepeinigten wird. "Also dies ist die Hölle. Niemals hätte ich geglaubt... Ihr entsinnt euch: Schwefel, Scheiterhaufen, Bratrost.... Ach, ein Witz! Kein Rost erforderlich, die Hölle, das sind die andern."

Zwischenbemerkung von mir:
Hier hätte Sartre etwas weiter denken können. (Allerdings muß ich natürlich konzidieren, daß dieser Satz von einem Psychotherapeuten stammt. Sartre stand der Freudschen Psychoanalyse skeptisch gegenüber und setzte ihr seine sogenannte existentielle Psychoanalyse entgegen. Der Abschnitt, der auf Seite 29 beginnt, ist übrigens hochinteressant!)
Lege ich den letzten Absatz (fünftletzte Zeile) zugrunde, so entspringt Sartre zufolge die Unwahrhaftigkeit der menschlichen Freiheit, und die Aufhebung von Selbsttäuschung und der Unaufrichtigkeit den anderen gegenüber ist ein wesentlicher Faktor der Verdammnis.
Ich als Psychotherapeut sehe dies genau umgekehrt:
Selbsttäuschung und Unaufrichtigkeit sind für mich wesentliche Faktoren der Verdammnis (ich übernehme hier Sartres Nomenklatur, als Therapeut würde ich dazu »Leiden« sagen), und deren Aufhebung ist für mich – im Sinne der Aufklärung (Wikipedia-Artikel, siehe vor allem Kants Definition) – gelebter Wille zur Freiheit. Letztlich halte ich Leiden für das Ergebnis des Versuchs, Gefühlsqualitäten (vor allem) von Schmerz, Schuld und Scham kurzfristig zu vermeiden. Das aus der aufklärerischen Arbeit am Unbewußten entstehende kurzfristige Leiden (welches manchmal entsetzlich ist, keine Frage!) ist der Preis für die daraus entstehende Freiheit. Um Ram Dass zu zitieren: »The resistance against the unpleasant situation is the root of suffering.«
Insofern ließe sich ausgiebig über Sartres Verständnis des Begriffes der Freiheit diskutieren… Fußend auf obiger Definition ist Freiheit für Sartre anscheinend das unreflektiert gelebte Unbewußte (, welches vor unangenehmen Gefühlen auszuweichen versucht). (Allerdings konstruiert Sartre im o.g. googlebooks-Artikel eine anders ausgerichtete Reflexion! Hier begegnen sich also Psychotherapeut und existentialistischer Philosoph mit unterschiedlichen Sprachen.) Dem halte ich den Satz Gurdjieffs entgegen: »Wir sind alle Bio-Roboter, und die einzige Möglichkeit zur Freiheit zu gelangen, ist, herauszufinden, wie wir funktionieren.« (Peter Brook: »Gurdjieff gebraucht häufig das Bild des Schauspielers als Metapher für den voll entwickelten Menschen. Er spricht davon, es gelte, im Leben eine Rolle zu spielen, alle Forderungen zu erfüllen, die die wechselnden Situationen mit sich bringen, sie vollständig auf sich zu nehmen, ohne dabei die innere Freiheit zu verlieren. Dies ist genau das, was von einem guten Schauspieler erwartet wird.«)

Brigitte Horney (Tochter von Karen Horney) als Ines:
Geschlossene Gesellschaft (Huis clos) von Jean-Paul Sartre [4:03]
Hochgeladen am 11.12.2008

Huis clos gilt als eines der besten Theaterstücke Sartres. Der Verzicht auf die dramatische Funktion der Zeit, die Entwicklungen erst ermöglicht hätte, erforderte ein anders geartetes Spannungsmoment: die sich im Fortgang des Dramas sowohl der Akteuren wie den Zuschauern aufdrängende Einsicht, daß die – christlich-eschatologischen Vorstellungen entsprechend – zunächst als Totenreich vorgestellte Hölle in Wahrheit ihren Ort im Erfahrungsbereich der zwischenmenschlichen Beziehungen hat.
aus Kindlers Literaturlexikon (1974)

Karl Jaspers:
Existenzphilosophie [9:16]

Hochgeladen am 17.07.2009
Karl Theodor Jaspers (* 23. Februar 1883 in Oldenburg; † 26. Februar 1969 in Basel) war ein deutscher Psychiater, der als Philosoph weit über Deutschland hinaus bekannt wurde.

Der Begriff Existenzphilosophie bezeichnet eine philosophische Richtung, die im Zentrum ihres Denkens die Existenz des Menschen im weitesten Sinne hat. Innerhalb der Existenzphilosophie werden zwar verschiedene Positionen beschrieben, die sich jedoch alle durch den grundlegenden Vorrang der Erhellung des eigentlichen Existierens vor allem spekulativen Idealismus oder dem Wissenschaftsglauben des Positivismus auszeichnen. Von der Existenzphilosophie im allgemeinen Sinne kann der Existentialismus als besondere Ausdrucksform der französischen Existenzphilosophie unterschieden werden.

Jaspers gilt als herausragender Vertreter der Existenzphilosophie, die er vom Existentialismus Jean-Paul Sartres strikt unterschied. Er war zunächst Lehrer und anschließend lebenslanger Freund von Hannah Arendt, mit der ihn auch ein jahrzehntelanger Briefwechsel verband. Auch mit Martin Heidegger stand er in Briefwechsel, der in der Zeit des Nationalsozialismus unterbrochen nach dem Krieg nur noch spärlich war. Mit Max Weber, Hans W. Gruhle und Kurt Schneider verband ihn eine langjährige Freundschaft. Ursprünglich Mediziner hat Jaspers grundlegend zur wissenschaftlichen Entwicklung der Psychiatrie beigetragen. Sein philosophisches Werk wirkt insbesondere in den Bereichen der Religionsphilosophie, Geschichtsphilosophie und der Interkulturellen Philosophie. Mit seinen einführenden Schriften zur Philosophie hat er hohe Auflagen erreicht und ist so auch einem breiteren Publikum bekannt geworden.
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L’être et le néant. Essai d'ontologie phénomonologique
(Das Sein und das Nichts. Versuch einer phänomenologischen Ontologie)

[philosophisches Hauptwerk von Jean-Paul Sartre, in dessen Zentrum die Frage nach der ontologischen Begründung der Freiheit steht] [Wikipedia]
Heidegger: Was ist der Mensch? [1:55]

Hochgeladen am 22.09.2010
Martin Heidegger - Was ist das Sein?

Das Werk nimmt innerhalb des französischen Existentialismus nahezu dieselbe Stellung ein wie HEIDEGGERS "Sein und Zeit" (1927) in Deutschland. Ausgangspunkt für Sartre ist HUSSERLS Begriff des Phänomens und seine phänomenologische Methode, und zwar in der Form, wie sie Heidegger, über Husserls "Logische Untersuchungen" (1900/01) hinausgehend, in "Sein und Zeit" weiterentwickelte: Phänomen, als "Begegnisart von etwas", bedeutet für Heidegger das "Sich-an-ihm-selbst-zeigende" des Seienden; Phänomenologie soll, als Wissenschaft "von" den Phänomenen, "eine solche Erfassung ihrer Gegenstände" verbürgen, "daß alles, was über sie zur Erörterung steht, in direkter Aufweisung und direkter Ausweisung abgehandelt werden muß" (§7).

Indem Sartre den Phänomenbegriff Heideggers in der Weise erweitert, daß er das Sein des Seienden vollständig in "dem, was erscheint" (d.h. dem Phänomen) aufgehen läßt, das sowohl das Wesen wie auch die Existenz dieses Seins sich in der Erscheinung "in absoluter Weise" zeigt, ohne auf ein hinter den Dingen liegendes Wesen zu verweisen und damit "nichts als die wohl verknüpfte Ablaufsreihe seiner Manifestationen" ist, hebt er die Differenz von Wesen und Erscheinung - das Hauptproblem der klassischen Metaphysik, wie es sich noch im Kantischen Dualismus von "Ding an sich" und "Erscheinung" zeigt - auf: das, was für ein Bewußtsein erscheint bzw. als Totalität von ihm konstituiert wird, "ist nur ein Aspekt des Objekts und das Objekt ist gänzlich in ihm und außer ihm". Die Verknüpfung dieser Ablaufreihe der Manifestationen (des Phänomens) muß - als Synthese - von einem Bewußtsein geleistet werden, das "die Erscheinung auf den Gesamtablauf hin transzendiert, von dem sie ein Teil ist", d.h. von der die Identität des "Seins der Dinge" erst hervorbringenden "Transzendentalität" dieses Bewußtseins.

In L'être et le néant werden nun zwei grundsätzlich unterschiedene Seinsweisen bzw. Seinsstrukturen beschrieben - das "en-soi" ("An-sich") und das "pour-soi" ("Für-sich"). Das "en-soi" (etwa das Sein der Dinge und Gegenstände, Objektivität überhaupt) ist durch einfache "Positivität" ohne "Möglichkeit" - als reines "être-en-soi"("An-sich-sein") - gekennzeichnet.
"Der Gegenstand 'besitzt' das Sein nicht, und seine Existenz ist nicht eine Teilhabe am Sein, noch irgendeine andere Art der Beziehung. Er 'ist', das ist die einzige Weise, in der man seine Art zu sein definieren kann." Die Frage nach der Entstehung des "An-sich" ist sinnlos. Dem menschlichen Bewußtsein erscheint es als nicht-ableitbar, daher als etwas Lästiges und Überflüssiges ("de trop"), das Ekel ("nausée") verursacht: "Ungeschaffen, grundlos, ohne jede Beziehung zu einem anderen Sein, ist das An-sich in Ewigkeit überflüssig." Das "en-soi" ist vollkommene Koinzidenz mit sich selbst ohne Vergangenheit. "Das An-sich ist einfach es selbst, und man wird sich keine vollkommenere Angleichung von Inhalt und Beinhaltendem vorstellen können." Ihm steht das "pour-soi" (etwa: Sein des Menschen, Bewußtsein) gegenüber, das vorab dadurch bestimmt ist, daß es sich zu sich selbst "verhalten" und sich "transzendieren" kann, das sich ebenso auf anderes, "Welt" im weitesten Sinne, bezieht und durch ein Verhalten gekennzeichnet ist, das Husserl "Intentionalität" nennt. "Das Bewußtsein ist nicht eine besondere Weise des Erkennens, innerer Sinn oder Selbstbewußtsein genannt, es ist die Dimension des transphänomenalen Seins des 'Subjekts'."

Dazwischen: Ein Stern-Artikel über Die neue alte Lust am Ekelhaften

Was sich im Bewußtsein, im "pour-soi" anzeigt, ist ein Sein, das nicht "Erscheinung von Sein", sondern "Entwurf eigenen Seins" (H.H. Holz) ist. Das Problem der Reflexion ist deshalb von untergeordneter Bedeutung für das "pour-soi", weil es, um Bewußtsein von sich, d.h. Selbstbewußtsein zu haben, sich wiederum zum "An-sich" vergegenständlichen, d.h. sich selbst negieren und "in der Distanz von sich als einem Sich-selbst-gegenwärtig-sein" existieren muß. Die konkrete menschliche Realität entsteht aus jener spezifischen Einheit von Mensch und Welt, die Heidegger als "In-der-Welt-sein" bezeichnet und die Sartre als den ursprünglichen Zusammenhang ("rapport") dieser beiden Seinsstrukturen in einer "synthetischen Totalität" begreift, "von der das Bewußtsein sowohl wie das Phänomen nur Momente bilden".

Indem aber das "pour-soi" als Sein, "das sich selbst zum Existieren bestimmt, insoweit es nicht mit sich selbst koinzidieren kann", sich in die Zukunft erstreckt und seine Gegenwärtigkeit ständig auf die Zukunft und deren Möglichkeiten hin überschreitet, "nichtet" es seine eigene Vergangenheit, die unaufhörlich zum "An-sich" herabsinkt. In dieser Nichtung ("néantisation") erfährt es seine Freiheit, die vor allem als ontologischer Mangel, als Zurückbleiben hinter seinen offenen Möglichkeiten, bestimmt ist. Im "pour-soi" selbst ist der Gegensatz von Sein und Nichts angelegt, und zwar geht es Sartre vor allem darum, den Begriff des Nichts über seine Funktion als rein logische Negation und "Urteilsqualität" hinaus ontologisch zu erweitern. "Vom Sein kann man niemals die Negation herleiten. Es ist die notwendige Bedingung, damit es möglich sei, nein zu sagen, daß das Nichtsein ständig im Sein gegenwärtig sei, in uns und außer uns, daß das Nichts das Sein bedrängt." So zeigt sich das Nichts schon in der einfachen Struktur der Frage, da einem befragten Sein die Alternative von Affirmation und Negation offenläßt. "Das Nichts, wenn es nicht vom Sein unterhalten wird, zerstreut sich, insoweit es Nichts ist, und wir fallen zurück ins Sein. Das Nichts kann sich nicht 'nichten', es sein denn auf dem Grunde des Seins; wenn das Nichts gegeben sein kann, so weder vor noch nach dem Sein, noch in einer allgemeinen Weise außerhalb des Seins, sondern im Schoße des Seins selbst, in seinem Herzen, wie ein Wurm." Das Nicht-sein ist also Bedingung des negativen Urteils und insofern ontologische Kategorie. Nur durch das Nichts und das damit verbundene "Nichten" - ein Begriff, den Sartre unmittelbar von Heidegger übernimmt - ist das menschliche Dasein gewissermaßen als Lücke in der Dichte des "An-sich" möglich. Im Spannungsgefüge von Sein und Nichts entsteht das menschliche Sein, das sich durch die Fähigkeit des Nichtens als "Für-sich" im Umkreis des "An-sich" konstituiert. Das Verhältnis von Sein und Nichts begreift Sartre nicht wie HEGEL als dialektischen Prozeß im Bereich der Logik an dessen Ende eine vermittelnde Synthese steht (bei Hegel Gott), sondern als radikalen Gegensatz, der für den Menschen in den Erscheinungsformen des Nichts, z.B. der Angst und der Unwahrhaftigkeit ("mauvaise foi"), unmittelbar existentiellen Ausdruck findet. In der Angst erkennt der Mensch seine Freiheit, die mit der Möglichkeit des Nichtens identisch ist. "In der Angst ergreift der Mensch das Bewußtsein seiner Freiheit, oder wenn man will, die Angst ist die Seinsweise der Freiheit als Bewußtsein des Seins, in der Angst ist die Freiheit in ihrem Sein sich selbst fraglich." Diese Freiheit ist nicht ein Teil des menschlichen Wesens, sondern geht ihm voran und ermöglicht es erst.

Da der Mensch das starre und zähe "In-sich-sein" seines eigenen Körpers und seiner Begierden spürt, bedeutet Freiheit zugleich auch die Fähigkeit, sich von sich selbst loszureißen. Die Freiheit als Ekstase des "Für-sich-seins" im Sinne Heideggers kann aber erst in ihrem Verhältnis zur "Zeitlichkeit" ("temporalité") begriffen werden. In dem "Ent-wurf" ("pro-jet") der Zukunft liegt zugleich die Nichtung der Vergangenheit. Sowenig die Zeit selbst als Kontinuum verstanden werden kann, ist das "Wesen" des Menschen kontinuierlich und festgelegt: die Freiheit des Menschen besteht in der Fähigkeit, sich in jedem Moment neu zu entwerfen.

Im dritten Teil des Werks behandelt Sartre die Beziehung der "Für-sich-Seienden" zueinander, in der sich die Grundstruktur des Seins, der Gegensatz von "An-sich" und "Für-sich" wiederholt. Das Sein des "Anderen" ist vor allen Dingen störend, da es die ursprüngliche Überzeugung des Subjekts, Mittelpunkt der Welt zu sein, in Frage stellt. So verrät ihm der Blick des Anderen, daß es (das Subjekt) im Bewußtsein des Anderen als Gegenstand, als undurchdringliches "An-sich" existiert. Das Gefühl der Scham etwa ist ein Phänomen, in dem das Subjekt aus seinem vom Anderen zurückgespeigelten "An-sich" wieder in sein "Für-sich" eintritt: die Hinwendung zur "Welt" hat es erneut auf sich selbst zurückverwiesen. "Die Scham realisiert so eine intime Beziehung des Ich mit dem Ich... Die Scham ist, ihrer Natur nach, Wiedererkennen. Ich erkenne an, daß ich bin, wie der Andere mich sieht." Die Existenz des Anderen ist daher nicht nur ein logisches, sonder ein psychologisches Problem, dem Sartre unter dem Oberbegriff des "Sein-für-andere" ("le pour-autrui") ein umfangreiches Kapitel widmet. In der Beziehung zum Anderen geht es immer darum, die störende Fremdheit und Freiheit des Anderen, die unser eigenes Frei-sein zu bedrohen scheint, zu begreifen, zu bekämpfen oder durch die verschiedenen Formen der Liebe aufzuheben. In umfangreichen und peinlich genauen Analysen des normalen und des pathologischen Geschlechtsverkehrs versucht Sartre nachzuweisen, daß der Versuch einer Beherrschung der fremden Freiheit letztlich scheitern, muß, da die Verwandlung des "An-sich" in ein "Für-sich" unmöglich ist. Die negativen Reaktionen wie Sadismus, Masochismus und Haß sich selbst und dem Anderen gegenüber sind Ausdruck deses Scheiterns. Die großartigste Anstrengung des Menschen, die Synthese eines An-und-für-sich-seins zu erreichen und auf diese Weise "Gott"ähnlich zu werden, bleibt lediglich eine "nutzlose Passion".
aus Kindlers Literaturlexikon (1974)

Monthy Python - Deutschland gegen Griechenland - deutsche Version [4:21]
Veröffentlicht am 20.06.2012
Pythonia at its best - passend zum Viertelfinale!
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