Dienstag, 4. Mai 2010

Rot ist die Liebe …aber nur am Anfang

Rot ist die Liebe ... vor allem am Anfang der Liebesbeziehung, wenn die Natur auf ihr Recht pocht, sich zu vervielfältigen.

Lavaströme der Leidenschaft drängen alle trennenden Einwände zur Seite. Keine Ängste und Zweifel können die aufgeregten Gefühle mehr in Zaum halten. „Du bist der Wahnsinn!“ und „Ich werde Dich für immer lieben!“ beherrschen unsere Gedankenwelt. Kontrolle hat Urlaub, Hoffnung durchtränkt die Luft, selbstständiges Atmen fällt schwer.

Leider führen diese Frühlingsgefühle sehr unliebsame Überraschungen im Schlepptau mit. Dann heißt es plötzlich, meist freundlich, aber immer bestimmt: „Du gehörst mir!“ Und wenn die Fesseln stramm genug sitzen: „Ich liebe dich nur, wenn du machst, was ich will!“ – in allen Variationen. Werden die Forderungen nicht zufriedenstellend erfüllt, schickt die Finsternis ihre Kreaturen in die Arena – Eifersucht und Lüge, Neid und Gier, Gewalt, Hass, Kälte. Sie sollen die Schulden eintreiben. Oft tragen sie Tarnmäntel, kommen besonders aufopfernd, höflich, bescheiden und fürsorglich daher, doch in Wirklichkeit machen sie mit ihrem Eifer alle Freiheit und Würde kaputt. Zurück bleiben Abhängigkeit, Zwietracht und vergiftete Herzen. Im Namen der Liebe: Gefangenschaft im Ich und Du! Und dabei sehnt sich doch jeder nur nach wahrer Liebe!

Wahre Liebe ist anders: Alle Herzen schlagen höher bei ihrem Anblick. Durch ihre heilenden Zauberkräfte findet alles Zerrissene wieder zusammen. Weich und mitfühlend, mit anmutiger Hand, fängt sie uns auf.

Die Uhr steht still. Kindertränen trocknen. Kein „Ich“ und kein „Du“ mehr, alles ergibt einen Sinn: Die Einheit ist da. Sie ist ein Mysterium. Sie ist unglaublich zart und zugleich unglaublich stark. Schon kleinste Grobheiten verletzen sie tief. Andererseits zögert sie nie, auch schlimmste Qualen mit einem Lächeln auf sich zu nehmen, wenn es nicht anders geht. Sie sagt immer Ja zum Leben und doch macht ihr der Tod nichts aus.

Die Wissenschaft kann sie nicht nachweisen, denn sie geht über unseren Verstand hinaus. Trotz aller Anstrengungen lässt sie sich weder herbeizitieren noch verjagen. Im Gegenteil – je mehr man macht und tut, umso entfernter scheint sie zu sein.

Was SIE will, ist Gesetz! Ein unerbittlicher Lehrmeister, der nichts durchgehen lässt und uns mit Engelsgeduld darauf vorbereitet, uns in aller Unschuld dem Göttlichen zu ergeben.

Osho: „Ihr müsst erst den Zustand des meditativen Wartenkönnens erlernen. Dann ist Liebe keine Leidenschaft, kein Verlangen. Dann ist Liebe nicht sexuell; dann ist Liebe das Gefühl zweier Herzen, die im gleichen Rhythmus schlagen. Da geht es nicht um schöne Gesichter oder schöne Körper, sondern um etwas ganz Tiefes ... nämlich um Harmonie.“ Und: „Was höher ist als der Mensch, geschieht immer von selber, ist für euch außer Reichweite. Da seid ihr nur die Empfangenden, da braucht ihr nur offen und empfänglich zu sein – der Existenz dankbar.“
Editorial der Osho-Times Mai 2010